WiSo-Fakultät richtet sich beim Lehrangebot nach den Bedürfnissen der Wirtschaft
Kein Anspruch auf deutsche Vorlesungen
Studiengang Internationale Betriebswirtschaft soll im Herbst anlaufen – Mehr Gastprofessoren

VON KATRIN RIESTERER

Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät (WiSo) in Nürnberg rüstet ihr Lehrangebot auf. Globalisierung und Internationalisierung lauten die Schlagworte, an denen die Studierenden heute nicht mehr vorbeikommen. Ein neuer Studiengang und fremdsprachige Lehrveranstaltungen sollen die angehenden Betriebswirte auf den internationalen Arbeitsmarkt vorbereiten.

Susanne R., Diplomkauffrau mit Prädikatsexamen, arbeitet seit kurzem für eine deutsche Firma in Rom. Die frisch gebackene Betriebswirtin ist fachlich kompetent. Dennoch scheitert sie und wird zurück nach Deutschland versetzt. Denn „Fremdsprachenkenntnisse allein reichen nicht aus, um den kulturellen Graben im ausländischen Arbeitsalltag zu überwinden“, weiß Prof. Günther Ammon, Leiter des WiSo-Büros für Internationale Beziehungen.

Immer wieder erfährt Ammon von Problemen, die Firmen mit deutschen Mitarbeitern im Ausland haben. „Leute, in die viel Geld investiert wurde, gehen mit ihren Vorstellungen von deutschem Bürokratismus und deutscher Organisation ins Ausland – und wundern sich dann, wenn sie nicht zurecht kommen.“

Nicht nur Kür, sondern Pflicht

In der freien Wirtschaft hat man dieses Phänomen längst erkannt und dementsprechend reagiert: „Vor allem aus den Workshops großer Firmen fliegen Absolventen ohne universitäre Auslandserfahrung sofort wieder raus“, so Ammon – deshalb sei ein Auslandsaufenthalt während des Studiums nicht mehr die Kür, sondern die Pflicht.

Auch die fränkische Wirtschaft verdient jede dritte Mark im Ausland. „Und die internationalen Verknüpfungen werden stetig wachsen“, prophezeit Ammon: Die Industrie suche deshalb dringend nach jungen und international ausgebildeten Betriebswirten. Der Personalbedarf sei momentan bei weitem nicht zu decken

Ab kommenden Herbst wird deshalb an der WiSo der neue Studiengang Internationale Betriebswirtschaftslehre (BWL) angeboten. Zwei „Highlights“ verspricht Anja Bär vom Büro für internationale Beziehungen dabei den Studienanfängern: Der Studiengang enthält einen obligatorischen einjährigen Aufenthalt an einer von 25 zur Auswahl stehenden ausländischen Partnerhochschulen. Dort erbrachte Studienleistungen sollen für die Diplomprüfung in Nürnberg voll anerkannt werden. Außerdem muß in diesem Studiengang ein zwölfwöchiges Praktikum im Ausland absolviert werden.

Im Vergleich zum herkömmlichen BWL-Studium beinhaltet die Ausbildung zum internationalen Betriebswirt noch weitere Besonderheiten: Zusätzlich zum Grundstudium müssen zwei Fremdsprachen erlernt werden. Im Hauptstudium dann werden fünf international ausgerichtete Fächer für die Diplomprüfung angeboten: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre, Internationale spezielle BWL, Europarecht und Internationales Recht sowie Auslandswissenschaften.

Fit für internationalen Arbeitsmarkt

Markus G., Student im fünften Semester, hat bereits von dem neuen Studiengang gehört. Als „einfacher“ BWLer sieht er sich nun gegenüber Absolventen des neuen Studiengangs benachteiligt. Laut WiSo-Dekan Prof. Hermann Diller können sich jedoch auch „normale“ BWL-Studierende für den internationalen Arbeitsmarkt fit machen: Die Fakultät will verstärkt englischsprachige Lehrveranstaltungen internationaler Experten ins Lehrprogramm aufnehmen.

Mit dem Gastprofessor und Organisationsfachmann William Mc Kinley von der Southern Illinois University/USA wurde bereits in diesem Sommersemester der Anfang gemacht. Von der Vorstellung, sie hätten einen Anspruch auf Vorlesungen in deutscher Sprache, müßten die Studierenden schnell wegkommen, meint Prof. Horst Steinmann, Lehrstuhlinhaber für Unternehmensführung.

Doppel-Diplom – dieser Begriff steht für eine weitere, noch anspruchsvollere Art, das Studium zu internationalisieren. Dabei muß man einen Studiengang in Nürnberg sowie an einer ausländischen Hochschule mit dem jeweiligen Diplom abschließen. Momentan besteht ein solcher Kooperations vertrag mit der Universität Straßburg, der ESC Lyon sowie der Shandong Universität in China.

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