Der
Starre Koloß soll sich bewegen VON LOTHAR HOJA Großen Spielraum für positive Anmerkungen hatte die Hanns-Seidel-Stiftung den Referenten nicht gelassen: "Unbeweglicher Koloß oder kaum genutztes Potential?" lautete die Alternative, die bei einem "Expertengespräch" über "Die deutsche Hochschule" kürzlich in München zur Diskussion stand. Und die Zielrichtung der Veranstaltung wurde gleich in der Ankündigung festgelegt: "Die Präsenz der Hochschulen in der öffentlichen Diskussion ist ein Beleg für verbreiteten Zweifel an ihrer Leistung." Der Generalsekretär des Wissenschaftsrates, Wilfried Benz, erinnerte gleichwohl daran, daß solche Zweifel relativ jung sind. Noch vor wenigen Jahren, zu Zeiten extremer Überlast, war der gegenwärtige "Reformdruck" bei weitem nicht so stark ausgeprägt. Erst jetzt, wo vorübergehend die Studentenzahlen ein wenig gesunken sind, wird die "Effizienzdiskussion" zum Thema - um so mehr als die öffentlichen Kassen leerer sind denn je und das große Sparen begonnen hat. Da nützt selbst der breite Konsens - auch auf dem Münchner Hanns-Seidel-Podium - darüber nichts, daß sich die Bundesrepublik Deutschland als rohstoffarmes Land Einsparungen im Bildungsbereich eigentlich gar nicht leisten kann. Viel sinnvoller wäre es, verstärkt in den einzigen Rohstoff "Geist" zu investieren. Doch inzwischen ist klar geworden, daß sich zumindest der Bund diesem Argument verschließt. So bleibt allen Betroffenen gar nichts anderes übrig, als darüber nachzudenken, wie die Hochschulen mit weniger Geld noch mehr leisten können. Diese zentrale Frage versuchten der bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmair, der CSU-Bundestagsabgeordnete Josef Hollerith, Manfred Unger von der Hoechst AG, Walter Kunerth von der Siemens AG sowie Josef Lange, Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz und sein Kollege vom Wissenschaftsrat zu beantworten. Sie benutzten dazu ein breites, vom jeweiligen Blickwinkel gefärbtes Spektrum an Vorschlägen. Als Quintessenz ergeben sich ein paar Schnittpunkte, an denen offenbar weithin Übereinstimmung herrscht: Vor allem gilt es, den unbeweglichen Koloß von zwängenden Fesseln zu befreien, damit er sein Potential überhaupt nutzen kann. Mehr Autonomie lautet das Stichwort - die Hochschulen sollen nicht mehr durch staatliche "Titelgruppen" eingeengt werden, sondern über ihren vollen Etat in eigener Regie verfügen können. |
© Nürnberger Nachrichten 1996 |