Pilgerstätte für Hausmannskost

Außer zur Arbeit, zum Einkauf in den Fachmärkten im nahegelegenen Industriegebiet oder zum Wohnen würde sich wohl kaum jemand in den Ansbacher Ortsteil Brodswinden locken lassen, gäbe es dort nicht den "Landgasthof Käßer". Dem Lokal eilt der Ruf voraus, eine Pilgerstätte für Freunde fränkischer Hausmannskost zu sein. Wer in der Markgrafenstadt das karge Tal der kalorienbewußten Kost satt hat, macht sich auf den Weg zum "Käßer", um mal wieder richtig Brotzeit zu machen.

Der Gasthof ist leicht zu finden. Er steht direkt neben der Kirche in der Ortsmitte und ist in seiner Größe mit einer ehemaligen Mälzerei und einem Gutshof dem sakralen Bau nur an Höhe unterlegen.

"Bodenständigkeit" lautet das Credo des Familienbetriebs, personifiziert in Wirt Fritz Käßer, Ehefrau Heidi, Sohn Hermann und Schwiegertochter Angelika. Schlicht-rustikal ist die kleine gepflegte, holzvertäfelte Wirtsstube. Dem Auge des Gastes tut es wohl, daß bei der Dekoration der Räume auf weißblauen Zwangsgemütlichkeitsschnickschnack an Tischen und Wänden verzichtet wurde.

So gradlinig wie die Einrichtung ist auch die Vesperkarte im "Landgasthof Käßer". Keine Experimente, frische, hausgemachte fränkische Wurstsorten in allen Variationen. Der Renner unter den Brotzeiten (alle unter zehn Mark) bei den Stammgästen ist die Fränkische Hausplatte (9,50 Mark). Für Fritz Käßer ist es Ehrensache, daß das zu allen Wurst- oder Käseschmankerln gereichte Bauernbrot aus dem eigenen Backofen kommt.

Seit 1991 ist Hermann Käßer Chef an den Kochtöpfen. Der in führenden Häusern Süddeutschlands ausgebildete Küchenmeister unternimmt aber nur dann Ausflüge in die höhere Kochkunst, wenn er Menüvorschläge für Feiern und geschlossene Gesellschaften austüftelt. Seine Wochenkarte mit neun Gerichten zwischen 14,80 und 24,80 Mark bietet gediegene Speisen: die typischen fränkischen Braten (um die 15 Mark), Wild, Rindergeschnetzeltes in Cognac-Pfeffer-Sauce (21,80 Mark) etwa, den Filetteller mit Waldrahmpilzen (24,80 Mark), Steaks, Schnitzel und diverse Pfannengerichte bis zu 24 Mark.

Frisch aus dem Bassin werden Karpfen und Forelle zubereitet - "Forelle Müllerin" gilt als Spezialität des Hauses. Dem leider weit verbreiteten Panierwahn beim gebackenen Karpfen hat Küchenchef Hermann Käßer nahezu abgeschworen. Nur ganz dezent verwendet er Paniermehl. So ist sein Karpfen auf dem Teller wirklich als solcher zu erkennen, kommt nicht etwa als Fischstäbchen auf den Tisch mit dem einzigen Erkennungsmerkmal der gekrümmten knusperbraunen Schwanzflosse . . .

Seit 1904 gibt es das Wirtshaus Käßer in Brodswinden. Die Seele des Hauses ist Seniorchef Fritz Käßer. Seit 1968 hat er den Weg vom Dorfwirtshaus zum Landgasthof konsequent verfolgt. Der gelernte Bierbrauer und Mälzer sagt zu seiner Wirtsrolle: "Ich hab' mein Hobby zum Beruf gemacht." Daß Fritz Käßer Wirt mit Leib und Seele ist, merkt man. Stets nimmt er sich Zeit für einen Plausch mit seinen Gästen, wer auch immer sie sind - Manager oder internationale Besucher aus dem Zweigwerk der Weltfirma im Industriegebiet Brodswinden, die brotzeitmachenden Handwerker am Stammtisch oder Familien aus Ansbach.

ULRICH BRÜHSCHWEIN

"Landgasthof Käßer", Brodswinden 23, Telefon 09 81/97 01 80;
geöffnet von 11 bis 14 Uhr und von 16.30 bis 23 Uhr; warme Küche bis 21.30 Uhr, samstags Ruhetag; 120 Plätze, Biergarten mit 60 Sitzplätzen.

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© Nürnberger Nachrichten 1996