Leckerbissen für Sommerfrischler

Mit einem freundlichen „Juten Tach“ betreten die Neuankömmlinge die Stube. Aha, Berliner. Ein kurzer prüfender Blick, dann widmen sich die anderen Gäste wieder zufrieden ihrem Essen. Preußische Klangfarben sind im „Gasthof Neumühle“ in Heiligenstadt nicht ungewöhnlich. Ist doch die Fränkische Schweiz seit jeher ein beliebtes Ziel für viele Urlauber – nicht nur für jene aus der Metropole an der Spree. So besuchten auch die Sommerfrischler aus Nürnberg und Erlangen schon vor rund hundert Jahren gern das „Gasthaus Bächmann“, wie die Betreiber ihr Lokal in der „Neumühle“ nennen. Immerhin ist die ehemalige Wassermühle neben dem Sägewerk seit 1865 in Familienbesitz.

Das Lokal liegt im Schutz der Burg Greifenstein. Die mächtige Trutzburg, 1172 erstmals urkundlich erwähnt, thront hoch über der Juragebirgslandschaft. Wer einen Ausflug in das Schloß mit barocken Stuckdecken und reichhaltiger Möblierung unternimmt, muß erst durch eine prachtvolle Allee, die von mehr als 300 Jahre alten Linden gesäumt wird. Oben angekommen, bestechen die weite Aussicht und die Außenanlagen des Komplexes, der seit Jahrhunderten im Besitz der Grafen von Stauffenberg ist.

Aber nicht nur eine Visite der Burg, sondern auch der „Neumühle“ lohnt. Vorbei am Tresen und an dem „Stammtisch für Fischer, Jäger und andere Lügner“ findet der Besucher in der alten, schlichten Gaststube Platz. Die Karte bietet auf den ersten Blick Bekannt-Fränkisches. Die Überraschungen stellen sich beim Speisen ein. Die Fischzucht in unmittelbarer Nachbarschaft, im Wiesent- und im Aufseßtal, liefert die Leckerbissen.

Das Besondere liegt im Einfachen. Küchenmeister Hans Bächmann versteht, mit den Produkten umzugehen. Der gebackene Karpfen ist wunderbar knusprig, die Panade nicht zu dick. Daß frisches Fett verwendet wird (wenn's denn überall so wäre!), schmeckt man sofort. Dazu ein leckerer Salat mit Speckwürfeln. Forelle gibt es nicht nur blau oder nach Müllerin Art, sondern auch heiß über Buchenholz geräuchert – eine Spezialität, die man probieren muß. Und dies alles zu einem Niveau, das nur preiswert zu nennen ist.

Zander, Riesengarnelen, Wolfsbarsch – Fischfreunde sind im „Gasthaus Bächmann“ richtig. Bei unserem Besuch hinterläßt das Wallerfilet im Wurzelsud mit zerlassener Butter, Kartoffeln und Salat (20 Mark) einen hervorragenden Eindruck. Doch auch Fleischgerichte fehlen nicht. Die Kalbshaxe – mit Kloß und Salat (15 Mark) – ist zart und sanft gewürzt.

Ohne Tradition und regionale Bezüge zu leugnen, geht Hans Bächmann über das Gewohnte hinaus. Der Feldsalat mit Speck (sechs Mark) wird zum Beispiel mit gerösteten Sonnenblumenkernen verfeinert. Das Dessert mit heißen Zwetschgen und Walnußeis ist ein Gedicht. Doch daneben können auch die selbstgebackenen Käse- oder Streuselkuchen bestehen. „Das eine tun und das andere nicht lassen“ kann ein Motto sein, nach dem auch die fränkische Küche durchaus entwicklungsfähig ist. Hans Bächmann macht es vor. SIEGFRIED ZELNHEFER

„Gasthaus Bächmann“ („Gasthof und Pension Neumühle“), Neumühle/Anwesen 72, 91332 Heiligenstadt; Telefon (0 91 98) 2 28; dienstags bis sonntags geöffnet ab 11 Uhr; warme Küche von 11.30 bis 14 Uhr und 17 bis 20.30 Uhr; hundert Plätze (mit Nebenzimmern) im Lokal, im Biergarten ebenfalls hundert Plätze; an Wochenenden wird Reservierung empfohlen.

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