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Köstliches Curry im Keller Ein großer Krieger soll er gewesen sein, der indische Eroberer Tipu Sultan (1750-1799). Zwar mußte der Nationalheld gegen Ende seiner Karriere stattliche Teile seines eroberten Territoriums wieder an die Briten abgeben. Doch trotzdem hat Gastronom Yoginder Seth aus Delhi sein Lokal in der Kapellenstraße nach dem bekannten Usurpator benannt - vermutlich in der Hoffnung, daß die indische Küche nun von St. Peter aus auch die fränkischen Mägen nach und nach erobern wird. Denn auch in England gibt es einen Ableger "und der läuft", so versichert uns der perfekt deutsch parlierende indische Kellner, "wirklich gut". Die Aussichten, daß "Tipu Sultan" auch hier einen Siegeszug antritt, stehen gar nicht schlecht: Die Speisen sind durchweg köstlich zu nennen. Hinderlich ist nur die etwas unglückliche Lage des Restaurants im Kellergeschoß. Passanten werden kaum zufällig in das versteckte Lokal geraten. Wer hierher kommt, hat durch Mundpropaganda von den verborgenen Qualitäten des exotischen Geheimtips gehört. Das Erfolgsgeheimnis liegt vor allem im liebevollen Umgang mit den Gewürzen. Bis zu 14 verschiedene Arten verwendet der aus Madras stammende Koch für eine einzige Sauce. In dem berühmten Curry-Massala befinden sich nicht weniger als acht Sorten des berühmtesten aller indischen Exportprodukte. Wem nun schon beim Lesen die Zunge zu brennen anfängt, kann sich wieder beruhigen. Der Gast wird vorher gefragt, in welcher Schärfe er sein Gericht haben möchte. Und weil alles frisch zubereitet wird, versichert uns der Kellner, könne jeder Wunsch individuell reguliert werden, "schließlich soll man jedes Gewürz schmecken können". Gekocht wird traditionelle nordindische "Hausmannskost" aus dem Punjab, allerdings mit feinerem europäischen Einschlag. Sonst, da muß der Ober fein grinsen, "vertragen es die Leute hier auch nicht". Und wir denken mit Schaudern an einen guten Freund, der lange in Indien gelebt hat und dem so manch indische Spezialität immer noch den Schweiß auf die Stirn treibt. Neben den typischen Gerichten aus dem Tandoori, dem berühmten Steinofen, sind auf der Karte aber auch Lammfleisch mit Mandelsauce (22,50 Mark), Pute in Buttersauce mit frischen Korianderblättern (21,50 Mark) oder Fisch in Kokosmilch mit Zwiebeln und Ingwer (24 Mark) zu finden: Der Koch hat eindeutig ein Faible für Experimente. Wir haben ihm dabei von Anfang an vertraut - und wurden nicht enttäuscht: Die Teigtaschen mit Garnelen-Yoghurt-Sauce gefüllt (5,90 Mark) sind genauso exzellent wie das Tandoori Murghi (Hühnchen in Yoghurt nach Tandoori Art mit Naan (indisches Fladenbrot) für 25 Mark Mark zart ist. Ausnahmsweise kommen hier auch Vegetarier voll auf ihre Kosten, die Palette der - zugegebenermaßen nicht ganz billigen - Gemüse-Gerichte reicht von Baigan Aloo ki Sabji (Auberginen mit Kartoffeln und Linsen für 24,50 Mark) über Sabji Kofta (Gemüsebällchen mit Mandelsahnesauce für 22 Mark) bis hin zu Rasedar Khumbi Matar ("Hausmannsgericht" mit Pilzen, Erbsen und Koriander für 20 Mark). Nach dem obligatorischen Punjab-Früchtesalat mit Kokosflocken müssen wir uns dann allerdings essensmäßig geschlagen geben - nichts geht mehr. An diesem Abend hat Tipu Sultan uns gänzlich erobert. ELISABETH JÄNDL "Tipu Sultan",
Kapellenstraße 2, Nürnberg, Telefon 49 24 32; |
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© Nürnberger Nachrichten 1996 |