![]() |
Kleinkunst unter Denkmalschutz Wenn es in fränkischen Breiten ein verläßliches Indiz für die Bodenständigkeit einer Wirtschaft gibt, dann ist es die Möglichkeit, die Reste einer guten Mahlzeit zum gefälligen Verzehr bei nächster Gelegenheit nach Hause mitnehmen zu können. Das Schönste an dieser Praxis hierzulande: Niemand muß bei der Bestellung auf Etikette achten, wenn er seinen Wunsch der Bedienung nahebringen will. Ein freundliches, aber bestimmtes Horngs Frollein, bringas uns amol a Papier! genügt, in ausreichender Größe Alufolie zu erhalten, die eine halbe Ente so sicher einschließt, daß sie auf dem Heimtransport in der Handtasche keine Spuren hinterläßt. Also, der gute Brauch. Zuletzt haben wir ihn in Kammerstein (wenige Kilometer südlich von Schwabach) im Landgasthof Zum Krug erlebt. In diesem Fall handelte es sich um ein schönes Stück Schäuferle. Das Beispiel zeigt dem Kenner, daß das Traditionsgericht im Krug nicht nur von ordentlicher Größe, sondern auch von wohlschmeckender Art ist, und das will man nicht unnötigerweise zurücklassen. In dem 300 Jahre alten, denkmalgeschützten Fachwerkhaus fühlen sich Einheimische und Zugereiste schnell zu Hause. In der guten Stube grüßt eine Gänsefamilie aus Keramik, der Regulator holt jede halbe Stunde zum heftigen Schlag aus. Die gediegene Holzvertäfelung, die stattliche Balkendecke und der Steinboden aus heimischen Brüchen haben ihre eigene Geschichte. Am schlichten Stammtisch sitzen die Leute aus dem Dorf die Städter machen es sich an gedeckten Tischen bequem. Dort stehen imma scheine Bluma, wie eine regelmäßige Besucherin befriedigt feststellt. Diesmal sind's bunte Frühlingsboten von den nahen Wiesen. Die Küche fühlt sich dem Rustikal- Fränkischen verpflichtet. Auf der überschaubaren Karte findet sich überwiegend Hausmannskost. Die Kunden drängt's wieder verstärkt zu Deftigem. Früher gab es an bestimmten Tagen auch immer Vollwertkost. Doch der Trend sei rückläufig, so daß das feste Angebot wieder gestrichen wurde. Auf Vorbestellung wird aber auch Vegetariern mancher Wunsch erfüllt etwa mit Lauchtorte oder Zucchini-Tomaten-Auflauf. In diesen Tagen kann das Mahl mit einer Portion butterweichem Spargelsalat (14,50 Mark) beginnen. Rundum zufrieden waren wir mit Egerlingen in leichter Sahne-Soße, dazu gebratener, schmackhafter Brezenknödel (16,80 Mark). Oder wie wär's mit einer krustigen Schweinshaxe, zwei lockeren Kartoffelklößen und frischem Salat (16,80 Mark)? Der kleine Hunger zwischendurch läßt sich mit delikaten Wurstwaren (von der Metzgerei Lehr in Nürnberg) vortrefflich beseitigen. Selten haben wir so guten Preßsack (rot und weiß), Sülze und Leberwurst auf einem Brotzeitteller (10,80 Mark) vereint gefunden. 1988 übernahm Sylvia Nittschalk den Krug. Einer ihrer Vorgänger Michael Krug bekam vom vormaligen Bezirkstagspräsidenten Georg Holzbauer eine Ehrenurkunde wegen seiner denkmalpflegerischen Leistung und der damit verbundenen Erhaltung wertvollen Kulturgutes. Der Wirt wußte um sein Gut und hat sich ordentlich um das historische Gebäude gekümmert. Die Pflege der heimatlichen Kultur wird
in diesem Gasthaus aber längst auch auf anderen Gebieten
fortgesetzt. Evi Besner, sonst für den Service
zuständig, organisiert Jahr für Jahr ohne
öffentliche Zuschüsse immer mehr Veranstaltungen
für die eigene Kleinkunstbühne. Auch die Stars der
Franken-Szene lieben den Krug. Lizzy Aumeier
und Heinrich Hartl, Herbert & Renate, Klaus
Schamberger, Volker Heißmann oder Bernd Regenauer sind
mit ihren aktuellen Programmen Stammgäste. Martin Rassau
(Kleine Komödie Nürnberg) trat unter dem
Motto auf: Ich kumm blouss wecherm
Schäuferla. SIEGFRIED
|
![]() |
© Nürnberger Nachrichten |