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Ohnmächtig gegen Anmache

Von Lehrern belästigte Schülerinnen fühlen sich hilflos

Nicht nur Frauen, die bereits im Beruf stehen, werden sexuell belästigt. Auch heranwachsende Mädchen müssen an ihrem Arbeitsplatz, der Schule, anzügliche Bemerkungen, taxierende Blicke, unerwünschte Berührungen oder Schlimmeres über sich ergehen lassen. In einer in Amerika durchgeführten Studie berichteten acht von zehn Mädchen, daß sie in der Schule angefaßt, gezwickt oder betatscht wurden. Viele Mädchen werden täglich von Mitschülern und Lehrern durch Blicke, Kommentare oder Berührungen behelligt. Oft sind Lehrer die Belästiger.

Ein Tabuthema

"Wenn du soviel Hirn wie Oberweite hättest, wärst du ein Genie", bekam eine der Schülerinnen von ihrem Lehrer zu hören. Andere erzählten von Lehrern, die ihnen in den Ausschnitt oder unter den Rock starren oder durch die Umkleidekabine laufen, während sie sich umziehen. Mitunter beginnen die Belästigungen bereits in der fünften Klasse. Claudia Wallner von der Zentralstelle zur Förderung der Mädchenarbeit bestätigt die Aussagen der Schülerinnen. "Das Problem existiert. Doch es ist ein Tabuthema." Um sexuelle Belästigungen zu verhindern, hält sie es für erforderlich, das Thema auch außerhalb der Schule öffentlich zu machen.

Meist sehen die Mädchen keine Möglichkeit, sich gegen den Belästiger zu wehren. "Sie sind abhängig von ihm. Der Spielraum bei der Benotung ist groß", erklärt Claudia Wallner. Von außen können die Mädchen kaum Hilfe erwarten. In den Schulen, so die Einschätzung von Claudia Wallner, ist zwar oft bekannt, welche Lehrer Schülerinnen belästigen, doch oft wird das Problem unter den Tisch gekehrt. "Es gibt kein Unrechtsbewußtsein. Viele Lehrer machen sich nicht klar, daß es nicht in Ordnung ist, wenn man eine Schülerin zwickt oder ihr über den Rücken streicht", kritisiert die Sozialwissenschaftlerin. Beweisen lassen sich sexuelle Belästigungen nur schwer. Denn es kann eine nette Geste sein, wenn ein Lehrer eine Schülerin am Arm berührt; er kann dabei jedoch auch die Botschaft übermitteln, daß er sie als sexuelles Objekt sieht.

Kurse machen Mut

Selbstbehauptungskurse können Schülerinnen helfen, sich gegen sexuelle Belästigungen zu wehren. In diesen Kursen lernen die Mädchen, Grenzen zu setzen. Oft schützt es Mädchen vor weiteren Übergriffen, wenn sie diese offen vor der Klasse zur Sprache bringen. Die laut gestellte Frage "Wo gucken Sie denn hin?" oder die klare Aussage "Ich möchte das nicht" kann verhindern, daß ein Mädchen weiter Opfer von sexuellen Belästigungen bleibt.

Von den Erwachsenen dürfen die Mädchen mit dem Problem nicht alleingelassen werden. "Sie brauchen erwachsene Vertrauenspersonen, die bereit sind, ihnen zu helfen", betont Claudia Wallner. Dies kann eine Vertrauenslehrerin oder ein Vertrauenslehrer sein. Die Mädchen können sich aber auch an Mißbrauchsberatungsstellen, Kinderschutzbund oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes und der Jugendpflege wenden.

 

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