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Immer mehr amerikanische Schulen führen einheitliche Kleidung ein
„Uniformen sind wunderbar“
Wettbewerb um teure Kleidung fällt weg – und viel Neid und Ärger

Die beiden kleinen Texanerinnen Hilary und Natalie Sharpe konnten es kaum erwarten, daß nach drei Monaten Sommerpause endlich wieder die Schule begann. Ihre Mutter Janis war damit beschäftigt, die Schuluniformen der Erstkläßler rechtzeitig in Schuß zu bringen. Hier wurde ein Saum herausgelassen, dort eine Naht geflickt und manches mußte auch neu gekauft werden. Millionen amerikanischer Mütter geht es in diesen Tagen ebenso, denn der Trend ist eindeutig: In immer mehr US-Schulen tragen die Kinder Uniformen.

Allein in der texanischen Großstadt Fort Worth mit 440 000 Einwohnern haben in diesem Jahr 30 Schulen eine Uniformvorschrift, meist Grund- und Mittelschulen. Vor zwei Jahren waren es erst 14. „Uniformen sind wunderbar“, sagt Janis Sharpe. „Sie verhindern viel Streit und Tränen am Morgen. Es gibt keine großen Diskussionen mehr darüber, was getragen wird.“

Hilary und Natalie besuchen die Ridglea-Grundschule, deren Uniformvorschrift wie üblich viel Spielraum zum Variieren läßt: Weiße, dunkelgrü ne oder dunkelblaue Blusen, karierte oder dunkelblaue Kleidchen und Röcke. Die Jungen tragen Hemden und Hosen in den entsprechenden Farben.

Die teuren Privatschulen in den USA haben schon immer das Tragen von Uniformen als Bestandteil ihrer Identität benutzt. In den staatlichen Schulen dagegen galten Uniformen lange als rückständig und nutzlos. Angesichts steigender Disziplinlosigkeit und ausufernder Kriminalität erinnerte man sich vor wenigen Jahren wieder an die Schuluniformen, und sie feierten ein rasantes Comeback.

Wo immer sie eingeführt wurden, sank die Zahl von Tätlichkeiten und Drogendelikten an den Schulen drastisch. Der Wettbewerb um die grellste und teuerste Kleidung fällt weg. Der Streit um die neueste Mode hatte immer wieder zu Diebstählen oder blutigen Kämpfen geführt. Für Kleidungsstücke wurde sogar gemordet.

„Die einheitliche Kleidung fördert das Gefühl der Gemeinsamkeit bei uns, die Kinder sind richtig stolz auf die Schule“, sagt Beverly Roberts, die Lei terin der Oaklawn-Grundschule in Fort Worth. „Und die Disziplin hat sich entscheidend verbessert, seit wir die Uniformen eingeführt haben. Um den Trend zu unterstützen, tragen bei uns auch viele Lehrer die Uniform. Ich glaube, Uniformen werden bald eine Selbstverständlichkeit sein.“

Die Uniformvorschrift ist nicht bindend. Dennoch beteiligt sich an den meisten Schulen die überwiegende Mehrheit der Kinder an dem Programm. Für die Eltern wird das Einkaufen einfacher. Für runde 120 Dollar (rund 225 Mark) kann man ein Kind für ein gesamtes Schuljahr ausstatten. Elternvereine veranstalten sogenannte „Swap Days“, einen Tauschtag im Sommer, an dem man gebrauchte Uniformen tauschen oder kaufen kann. Eine Sozialbehörde unterstützt zudem die ärmeren Familien beim Kauf der Schulkleidung.

Die wenigen Kritiker der Schuluniformen, darunter auch Bürgerrechtsorganisationen, warnen allerdings vor Gleichmacherei. Die Vorschrift verletze das Recht auf individuelle Freizügigkeit, meinen sie.

Erstkläßlerinnen einer Grundschule in Fort Worth zeigen stolz ihre Schuluniformen. In dieser Stadt hat sich die Zahl der Schulen mit Uniformen innerhalb von zwei Jahren verdoppelt.

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