Blutig trieben es unsere Vorfahren

"Kulthöhlen" - Eine gruselige Ausstellung der NHG

Wer glaubt, Ausstellungen der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg (NHG) seien verstaubt und langweilig, nur alte Scherben, wird in den Räumen über der Nürnberger Stadtbücherei sein blaues Wunder erleben. Was dort nämlich unter dem Titel "Kulthöhlen" bis zum 31. August 1997 gezeigt wird, wirkt gruseliger als jeder Horrorfilm. Menschliche Schädel wie diese aus dem Dietersbergschacht bei Egloffstein (Foto: Sippel) sind es, die in den Vitrinen, die man beim Eintreten als erste sieht, fast schon zuhauf liegen. Und sogleich erkennt man, daß diese Schädel brutal eingeschlagen worden sind, daß ihre einstigen Träger gewaltsam getötet wurden. Noch schrecklicher wird es beim näheren Hinschauen: einigen fehlen die Vorderzähne. Sie wurden herausgebrochen, und zwar so roh, daß Stücke des Kieferknochens gleich mit herauskamen.

Warum mußten diese Menschen sterben? Sie wurden geopfert, sagen die ehrenamtlichen Mitarbeiter der NHG, die hier an die zwanzig Vitrinen mit Vorzeitfunden gefüllt haben. Aus religösen, aus rituellen Gründen hat man sie in Höhlen gebracht, sie dort getötet, teilweise sogar zerstückelt, und dann hinunter auf den Höhlenboden geworfen. Eine dieser Kulthöhlen, die Jungfernhöhle bei Tiefenellen in Oberfranken, war jahrtausendelang "in Betrieb", von 6500 bis 45 vor Christus, von der Jungsteinzeit bis zur Latène-Zeit, in der die Menschen schon Eisen verhüttet haben, vom blutigen Brauch des Menschenopfers aber nicht lassen wollten.

Warum? Wir wissen es nicht. Im Grunde können die Ärchäologen nur Vermutungen anstellen. Sie schließen von einer besser bekannten Kultur, nämlich den Kelten, die auch Menschen und Tiere opferten, auf die Kultur davor. Natürlich sind es auch die Begleitumstände der einzelnen Funde, die den Gedanken an einen Opferkult nahelegen. Natürlich Verstorbene wurden anders bestattet. Und direkt bei den Schädeln lagen die Mordwerkzeuge - sie wurden nur für die "heilige Handlung" benutzt.Wer glaubt, der naturnahe Mensch der Steinzeit habe ein besseres Leben als wir gekannt, muß sich hier eines grausamen Besseren belehren lassen. Die Ausstellung in der Stadtbücherei ist Montag mit Freitag von 10 bis 17 Uhr, am Sonntag von 13 bis 17 Uhr geöffnet.

magnus

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© Nürnberger Zeitung 1996