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Viele schließen in Kraftshof den Bund fürs Leben

Hochzeitsglocken vorm Abendessen

Nachmittagshochzeiten liegen im Trend. Wer erst um 14 Uhr heiratet, spart auf jeden Fall das Mittagessen. "Auch beim Heiraten sehen die Leute aufs Geld", sagt Bernhard Brons. Als Pfarrer der beliebten Hochzeits-Kirche im Nürnberger Stadtteil Kraftshof kennt er die unterschiedlichen Gewohnheiten auswärtiger und einheimischer Hochzeitspaare. Nur die Einheimischen lassen sich noch vor dem Mittagessen trauen. "Die müssen schon", erklärt Brons dazu, "die haben ja auch bei anderen Hochzeiten im Ort schon zu Mittag gegessen". Wer da neue Sitten einführen wollte, würde rasch als geizig angesehen. Bei einer richtigen fränkischen Hochzeit muß ordentlich gegessen und getrunken werden. Mit dem Kaffeetrinken erst zu beginnen, ist für die Einheimischen tabu.

"Dafür wird es bei den Auswärtigen immer später", sagt Brons. Manchmal läuten die Hochzeitsglocken erst um 16 Uhr, und die Gäste werden zum Abendessen in eine Gastwirtschaft der Umgebung eingeladen. Das sei für manche Hochzeitsgesellschaft bestimmt sinnvoll, meint der Pfarrer. "Die Leute wissen oft nicht mehr, was sie miteinander anfangen sollen, wenn sie den ganzen Tag zusammen sind." Und dann sei so eine Hochzeit mit drei Festmahlzeiten für manche Familie auch viel zu teuer. Brons weiß von Paaren, die sich verschulden für den Hochzeitstag. "Unter 10.000 Mark kommt da keiner weg."

Ganz in Weiß ist schick

Ganz in Weiß und möglichst mit rauschendem Gewand - dieser Trend hält an bei Hochzeitspaaren. Wer den Weg zum Standesamt gefunden hat, bucht auch meist die kirchliche Trauung, das belegen Statistiken der evangelischen und katholischen Kirche. Auch Paare, die sich sonst kaum mit der Kirche verbunden fühlen, wählen für den Start zum Hochzeitsfest nach wie vor die Feier in der Kirche.

Bei vier von fünf Hochzeiten in Kraftshof stehen auswärtige Gäste vor dem Traualtar. Machmal ärgert sich der Ortspfarrer über Gäste, die so tun, als hätten sie mit den 100 Mark Hochzeitsgebühren die Kirche als Raum für "irgendein Spektakel" gepachtet. Die St.-Georgs-Kirche "ist dem Gottesdienst geweiht", heißt es dazu im Faltblatt für Hochzeitspaare, "bitte unterlassen Sie alles, was den Eindruck erwecken könnte, Sie hätten ein historisches Lokal für Ihre Veranstaltung gemietet". Ausdrücklich bittet die Kirchengemeinde auswärtige Hochzeitsgesellschaften, zumindest zwei Kirchenlieder bei der Trauung zu singen, "wie es in unserer Gemeinde selbstverständlich ist". Im Traugottesdienst sollte nicht nur Rock und Pop aufgedreht werden.

Reis ist unerwünscht

"Die Leute lieben unsere Kirche, weil sie so alt ist, doch sie bringen lauter neue Sitten mit", wundert sich der Gemeindepfarrer. Beinahe habe er lachen müssen jüngst bei einer Hochzeit. Da habe sich doch die Braut dem Bräutigam zuführen lassen, "so richtig feierlich am Arm des Vaters", erzählt Brons. Dabei habe jeder gewußt, daß die Braut schon seit Jahren mit dem Bräutigam zusammenlebt. Und dann die Reisstreuerei. Der Kraftshofer Kirchenvorstand bittet Hochzeitsgäste darum, Brautpaare nach der Trauung nicht mit Reis zu bestreuen. "Solche Fruchtbarkeitsriten passen schwerlich zur Familienplanung der meisten Ehepaare und den Bemühungen der Kirche um Unterstützung hungernder Menschen", heißt es im Faltblatt für Brautpaare dazu.

Auch auf das "Autokorso mit Hupkonzert", das "wiederholt zu Beschwerden und zu Drohungen mit der Polizei geführt" habe, bittet die Gemeinde zu verzichten. Die Huperei sei eine Sitte aus Italien, sagt Brons, "sowas paßt überhaupt nicht bei uns."

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