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Händewaschen nicht
vergessen: Chef paßt auf

Vorsicht, Händewaschen: Der Chef liegt auf der Lauer. Das könnte demnächst die Parole an vielen Arbeitsplätzen in den USA sein. Denn jetzt gibt es ein System, das Hygiene-Sünder entlarvt, die das Waschbecken nach dem Besuch des „stillen Örtchens“ links liegen lassen und die auch dann das Reinigen verschmähen, wenn sie mit Nahrungsmitteln umgehen.

„Schlechte Hand-Hygiene ist kein kleines schmutziges Geheimnis mehr. Sie ist eine massive Bedrohung für unsere Gesundheit“, sagt Glenn Cohen, der Präsident von NET/TECH International in Red Bank (Bundesstaat New Jersey). Das ist die Firma, die das „Spürgerät“ herstellt. Wie Cohen schildert, erkranken nach Statistiken der Gesundheitsbehörden jedes Jahr über 40 Millionen Amerikaner an „handübertragenen“ Infektionen wie zum Beispiel Gelbsucht, und mehr als 80 000 sterben daran. Infektionskrankheiten seien inzwischen der drittgrößte „Killer“ in den USA.

„Hygiene Guard“ (Hygiene-Wächter) heißt das neue System, das noch in diesem Monat im Tropicana-Kasino-Hotel in Atlantic City (New Jersey) und im William-Beaumont-Klinikzentrum der US-Armee in El Paso (Texas) getestet werden soll. Die Angestellten werden ein Abzeichen tragen, das beim Betreten des Toilettenraumes durch einen Infrarot- Sensor am Eingang aktiviert wird. Ein weiterer „Fühler“ am Seifenspender erfaßt, ob sich der Arbeitnehmer eine ausreichende Zeit am Waschbecken aufhält. Die gesammelten Daten werden gespeichert, so daß sich die Vorgesetzten jederzeit informieren können.

Auch den Kollegen bleiben Verstöße nicht verborgen – es sei denn, der Sünder holt das Versäumte schnell nach. Gleich nach dem Betreten des Toilettenraumes fängt das Abzeichen am Revers oder auf der Bluse nämlich zu blinken an, und es hört erst nach einer Stunde oder dann auf, wenn der Sensor am Becken das Händewaschen registriert hat.

Cohen hofft, daß das System bis zum Sommerende in rund zehn verschiedenen Einrichtungen erprobt wird. Besonders geeignet sei der „Hygiene-Wächter“ für Krankenhäuser, Restaurants, Militärunterkünfte, Schulen und Kindergärten – kurzum überall dort, wo Essen gekocht oder ausgeteilt wird. NET/TECH zufolge haben mehrere große Fast-food-Betriebe bereits Interesse geäußert. Die Kosten liegen bei rund 3000 Dollar für zwei Waschräume plus Plaketten für 20 Angestellte. „Eine Investition, die sich lohnt, wenn man bedenkt, wieviele Erkrankungen durch das System verhindert werden könnten“, sagt Cohen.

Tatsächlich stellen schmutzige Hän de nach Auffassung des U.S. Center für Disease Control und Prevention eine „Bedrohung für die Volksgesundheit“ dar. Das Waschen sei die wichtigste Maßnahme zur Verhütung der Übertragung von Infektionskrankheiten vor allem in Krankenhäusern. Erst im letzten Jahr hatte eine Studie untermauert, daß es viele Amerikaner offenbar mit der Hygiene nach dem WC-Besuch nicht sehr genau nehmen. So versteckten sich Wissenschaftler der American Society for Microbiology in den Toilettenkabinen einer New Yorker Bahnstation und beobachteten das Verhalten der Klo-Benutzer nach der Erledigung ihres Geschäfts. Das Ergebnis: Nur rund 60 Prozent von ihnen wuschen sich die Hände.

Während NET/TECH auf eine große Nachfrage hofft, ist die Überwachung in den Waschräumen natürlich nicht unumstritten. So warnte Paul Tobias vom National Employee Rights Institute, einer auf die Arbeiternehmer-Rechte spezialisierten Einrichtung, daß mit dem „Hygiene-Wächter“ die Privatsphäre der Arbeitnehmer verletzt werden könne. „Man muß das Recht auf Schutz der Öffentlichkeit und das der Beschäftigten gegeneinander abwägen“, so Tobias kürzlich in der Zeitung „USA TODAY“. Aber die Vorstellung, daß der Chef wisse, was seine Arbeitnehmer im Toilettenraum täten, sei „abstoßend“.

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