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Sieht fast aus wie eine Massage, heißt aber „Rolfing“:
Die neue Körper-Ordnung

Bettina Köhl (Foto: Lohss) mustert die vor ihr auf dem Massagetisch liegende Patientin. Ihr besonderes Augenmark gilt den Körperpartien, die im allgemeinen für Verspannungen besonders anfällig sind, wie zum Beispiel die Schulter- und Nackenpartie. Dann beginnt sie sanft mit der Handfläche den Brustkorb zu massieren.Was für den Laien anfangs nicht anders aussieht als eine „gewöhnliche“ Massage, entpuppt sich aber bald als etwas Besonderes. Bettina Köhl ist eine von rund 90 „Rolfern“ in Deutschland, die mit Hilfe einer speziellen Technik die Körperstruktur ihrer Klienten wieder „ins rechte Lot“ bringen. Rolfing ist eine nach Dr. Ida Rolf (1896–1979) benannte Methode, bei der das Bindegewebe sozusagen „neu geordnet“ wird.

„Es geht in erster Linie darum, Muskeln zu dehnen, Verkrampfungen zu lösen, Platz zu schaffen im Körper“, erklärt Bettina Köhl. Denn die Biochemikerin Ida Rolf hat entdeckt, daß sich Bindegewebe aufgrund von äußeren Einflüssen verformen kann. Auch die Psyche hat ihre Auswirkungen darauf.

Ausgehend von der These, daß es für jeden Körper eine ideale Struktur geben muß, die ihm mühelose Bewegungen ermöglicht, und der Annahme, daß diese Struktur veränderbar ist, hat die Ida Rolf dann das nach ihr benannte System entwickelt. Ziel des Rolfing ist es, „verklebtes“ oder „verkürztes“ Bindegewebe zu befreien, so daß sich der Körper um die innere Achse herum neu anordnen kann.

Die Folgen des Rolfing sind deshalb im Alltag wirklich auf Schritt und Tritt zu spüren. „Man lernt den eigenen Körper besser kennen und mit ihm umzugehen“, beschreibt Bettina Köhl den Wandlungsprozeß.

Doch vor dem gewünschten Erfolg steht ein hartes Stück Arbeit – sowohl für den Behandler wie für den Patienten. Rolfing dringt tief ins Gewebe ein. Das kann Schmerzen verursachen, aber auch lange aufgestaute Blockaden lösen und daher sehr befreiend wirken. Doch die „Rolferin“ warnt: „Man greift auch die Seele an.“

Für Bettina Köhl ist eine eineinhalbstündige Sitzung körperliche Schwerstarbeit. Sie setzt oft ihr ganzes Körpergewicht ein, wenn sie mit Händen, Knöcheln oder Ellbogen die verschiedenen Körperpartien bearbeitet. Da jeder Teil des Körpers mit einem anderen zusammenhängt, beinhaltet das System von Ida Rolf zehn Sitzungen, in deren Verlauf der Rolfer langsam von der Oberfläche zum tieferen Gewebe vordringt. Patienten sind ebenfalls zur aktiven Mithilfe verpflichtet. Gezielte Bewegungen und bewußtes Atmen unterstützen die Behandlung.

Rolfing setzt keine bestimmten Indikationen oder Krankheitsbilder voraus. „Wir orientieren uns nicht am kranken, sondern am gesunden Menschen“, erklärt Bettina Köhl. Rolfing habe das Ziel, neue körperliche Bedingungen zu schaffen, neue Entwicklungen einzuleiten. Daß chronische Rückenschmerzen oder Verspannungen dadurch verschwinden, ist mehr oder weniger eine „Nebenwirkung“.

Menschen mit entzündlichen Krankheiten oder metastasierenden Leiden sollten sich allerdings nicht „rolfen“ lassen. Zu groß ist dabei die Gefahr einer Ausbreitung. Ansonsten ist die Methode im Grunde für jeden geeignet, auch für Kinder mit Haltungsschäden.

Besonders positiv ist für Bettina Köhl auch die Tatsache, daß für den Patienten keine Abhängigkeit entsteht. Denn die Therapie ist nach 10 Sitzungen abgeschlossen. Eine Sitzung kostet zwischen 140 und 200 Mark, die Kosten übernimmt bisher kaum eine Krankenkasse.

loh

Weitere Informationen: European Rolfing Association, Ohmstr. 9, 80802 München, Tel. 0 89/39 68 02, Fax: 39 25 83.

In Nürnberg gibt es zwei Rolferinnen: Bettina Köhl, Gugelstr. 21, Tel. 4 39 79 93

Ela Archinger, Andreas-Hofer-Str. 2, Tel. 45 82 09.

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