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"Gefährliche
Gedanken"
Dieter Eckstein (Der Ex-Torjäger und
Liebling der Club-Fans hat die letzte
Hochzeit unter Trainer Heinz Höher mit dem
Bundesliga-Aufstieg mitgemacht und erzielte zwischen 1985
und 1994 66 Bundesliga-Tore für den FCN. Jetzt spielt
der Eckes beim Regionalligisten Augsburg):
Man sollte der Club-Mannschaft Zeit geben. Sie muß
sich noch weiterentwickeln. Für einen Durchmarsch in die
Bundesliga ist sie noch zu jung und unerfahren. In ein,
zwei Jahren kann man dieses Ziel vielleicht mal in
Angriff nehmen. Wenn man jetzt ständig vom Durchmarsch
spricht, entfacht man im Umfeld eine riesige Euphorie und
alle drehen gleich wieder durch. Man weiß ja, wie
schnell das in Nürnberg gehen kann. Mit dem Abstieg
sollte der Club in der neuen Saison allerdings nichts zu
tun haben, auch wenn er gerade erst aufgestiegen ist und
sich als Neuling erst an die rauhe Zweitligaluft
gewöhnen muß.
Reinhold Hintermaier (Der Österreicher
war als Regisseur am Bundesliga-Aufstieg maßgeblich
beteiligt. Unvergessen sein Tor zum 1:0 im Pokalfinale
1982 gegen Bayern München (2:4), half Anfang der 90er
Jahre als Amateur mehrmals in der 1. und 2. Bundesliga
aus und war im Nachwuchsbereich tätig): Ich
glaube, daß der Club von der spielerischen Substanz her
im oberen Drittel der Tabelle mitspielen kann.
Entscheidend wird sein, ob das Umfeld die Ruhe bewahrt,
wenn es einmal nicht so läuft, Rückschläge wird es auf
jeden Fall geben. Wenn einige Herren im Neuen Zabo den
Kopf verlieren, kann es sehr schnell passieren, daß der
1. FC Nürnberg nach unten hin Ärger bekommt. Für mich
sind übrigens nicht die ersten Spiele entscheidend. Zu
Saisonbeginn wird es dem Club sicher gelingen, die
Aufstiegseuphorie rüberzuziehen und flott mitzuspielen.
Ein echter Trend, wohin es in dieser Spielzeit sportlich
geht, wird aber erst ab dem zehnten Spieltag erkennbar
sein. Der SpVgg Greuther Fürth, bei der ich seit ein
paar Wochen als Nachwuchs-Koordinator tätig bin, traue
ich übrigens eine ähnlich gute Rolle zu. Ich freue
mich, daß beide Klubs zusammen aufgestiegen sind; die
Konkurrenzsituation wird auch in der Zweiten Liga das
Geschäft beleben. Im übrigen bin ich fest davon
überzeugt, daß in dieser Region zwei Zweitliga-Vereine
nebeneinander sehr gut existieren können.
Andreas Köpke (Er reifte beim 1. FCN
vom Nobody zum Nationaltorwart und ist immer noch ein
Liebling der Fans, auch wenn er nach dem
Bundesliga-Abstieg 1994 den Club verlassen hat und jetzt
bei Olympique Marseille sein Geld verdient): Ich
habe mich riesig über den sofortigen Wiederaufstieg des
1. FC Nürnberg gefreut. Dieser Verein gehört nicht in
die Regionalliga. In die Zweite Liga im Prinzip auch
nicht, aber im Moment muß man sich mit den Gegebenheiten
abfinden. Ich habe in Frankreich einen
Satellitenanschluß und war so das ganze Jahr über gut
über die Entwicklung beim Club informiert. In den
letzten Wochen vor allem während meines kurzen
Nürnberg-Aufenthaltes Ende Mai ist mir
aufgefallen, daß überall schon vom Durchmarsch in die
Bundesliga geredet wird. Das ist nicht gut. Mit dieser
Erwartungshaltung setzt man die Club-Elf unnötig unter
Druck. Dieser Druck kann so groß werden, daß die
Mannschaft letztlich sogar daran zerbricht. Man muß in
Nürnberg endlich lernen, Geduld zu haben.
Reinhold Schöll (Das Nürnberger
Eigengewächs galt als Arbeitsbiene im
Mittelfeld, hatte aber Pech mit Verletzungen und brachte
es deshalb zwischen 1974 und 1984 nur auf 50 Zweitliga-
und 90 Bundesliga- Einsätze): Ein einstelliger
Tabellenplatz sollte schon drin sein. Der Club hat gut
eingekauft, die Mischung für die Zweite Liga stimmt. An
einen Durchmarsch in die Bundesliga sollte man lieber gar
keinen Gedanken verschwenden. Ich weiß auch gar nicht,
ob es so gut wäre, wenn der 1. FC Nürnberg gleich
wieder aufsteigen würde. Da müßte er nämlich im
nächsten Jahr gewaltig investieren, um sich in der
Bundesliga halten zu können. Mit den Neueinkäufen ist
das ohnehin so eine Sache. Am besten lief es immer dann,
wenn der Club wenig Geld hatte und gezwungen war, auf
junge Leute zu setzen. Uns hat man 1977 den Abstieg in
die Bayernliga prophezeit, ein Jahr später sind wir in
die Bundesliga aufgestiegen.
Manfred Müller (Ging als Held
von Essen in die Club-Annalen ein, weil er 1978 in
der Schlußphase des Aufstiegsspiels in Essen einen
Elfmeter von Horst Hrubesch parierte und damit den Traum
vom Aufstieg nach neunjähriger Abstinenz verwirklichen
half): Ich gehe mal davon aus, daß der Club einen
Mittelfeldplatz belegt und keine gravierenden
Abstiegssorgen bekommt. Mit etwas Glück könnte es auch
ein Platz im oberen Mittelfeld werden. Wer immer vom
Durchmarsch redet und den 1. FCN beispielsweise mit
Bielefeld vergleicht, der vergißt eines: Bei der Arminia
hat man schon im Jahr zuvor ziemlich viel investiert und
damit frühzeitig die Weichen gestellt, daß die
Mannschaft auch in der Zweiten Liga eine gute Rolle
spielen konnte. Daß man in Nürnberg schon wieder von
der Bundesliga spricht, überrascht mich trotzdem nicht.
Hier gibt es nur himmelhoch jauchzend oder zu Tode
betrübt. Einen Mittelweg gibt es offenbar nicht.
Bernhard Bergmann (Der langjährige
Kapitän und Libero hielt dem Kleeblatt von
1970 bis zum bitteren Abstieg in die Bayernliga 1983 die
Treue und hat dabei über 500 Spiele bestritten):
Nach diesem tollen Jahr, in dem sich die
Spielvereinigung und der Club gegenseitig hochgeschaukelt
haben, wird jetzt ein ganz anderer Wind wehen. Den
Fürthern traue ich einen Mittelplatz zu; ich denke, die
werden sich so zwischen neun und zwölf einpendeln. Der
Club ist wohl ein paar Plätze weiter oben anzusiedeln.
Schon mal deshalb, weil man in Nürnberg das
Profigeschäft besser kennt. Für Fürth ist das nach
14jähriger Abstinenz völliges Neuland. Allerdings haben
die Verantwortlichen von Greuther Fürth bisher sehr gute
Arbeit abgeliefert, das macht Mut. Wichtig ist ein guter
Start, da kann man Selbstvertrauen tanken. Verliert man
gleich zu Beginn ein paarmal, hängt man hinten drin und
bekommt Selbstzweifel. In den letzten Jahren war ich ganz
selten im Ronhof. Jetzt wird mich die Neugier schon mal
wieder reintreiben, schließlich kommen jetzt auch wieder
Gegner und Trainer, die ich aus meiner aktiven Laufbahn
noch kenne.
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