Euro-Serie 5

Teil fünf:
Die Kommunen gehen nur zaghaft an Währungsumstellung heran
„Bloß keine Euro-Hektik“
Die Behörden haben Angst vor unnützer Vorarbeit – Bis 2002 „zweisprachige“ Etatpläne - VON GABI PFEIFFER

NÜRNBERG – Der Bürgermeister als Euro-Fighter? Ganz falsch: Die Kommunen beginnen recht zaghaft, sich auf die Währungsumstellung vorzubereiten.

„Der Schwung ist so, wie er sein könnte“, gibt Erlangens Wirtschaftsreferent Gerhard Wangemann gern zu. Die Umstellung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs beginnt 1999. Rechnungen oder Gehälter können dann in Euro oder Mark überwiesen werden, aber noch fehlen die Richtlinien zur konkreten Umsetzung.

Also handeln die Städte nach dem Motto „hilf dir selbst“. Nürnberg, Erlangen und Ansbach etwa haben Arbeitsgruppen gebildet, die Städte Fürth und Forchheim eigene Euro-Beauftragte eingesetzt. Sie sollen abklopfen, welche Dienststellen und Leistungen der Euro betrifft.

Ohne Eile allerdings. Der Herbst oder erst der Jahresbeginn 1998 gelten den Befragten als nächste Ziele. „Wir wollen nicht blindlings umsonst arbeiten“, sagt Ansbachs Kämmerer Walter Bamberger. Und Kommunen wie Neumarkt, Forchheim oder Zirndorf mit 26 000 Einwohnern erwarten wegen ihrer übersichtlichen Verwaltung kaum Schwierigkeiten, der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen verläßt sich auf die Vorarbeit von Städte- und Gemeindetag.

„Nur nicht hudeln“, warnt beispielsweise Gerhard Blumenstein, Europareferent des bayerischen Gemeindetags. Bei acht Kreisverbandsversammlungen klärte er inzwischen über Rahmenbedingungen und Verfahren auf, zwanzig weitere sind vorgesehen. Auch der Städtetag rät den 264 angeschlossenen Kommunen, Euro-Hektik zu vermeiden.

Dagegen kritisieren Experten aus der freien Wirtschaft die abwartende Haltung. Schließlich wird die Einführung des Euro das gesamte Preis- und Gebührengefüge in der öffentlichen Verwaltung verändern. Ob Taufschein oder Sterbeurkunde, Müll- und Abwassergebühren, Kindergartenplatz, Busfahrkarte und Stromrechnung – schon jetzt fressen die öffentlichen Gebühren ein knappes Fünftel der Lebenshaltungskosten.

Alle Beträge müssen in Euro umgerechnet werden. Für den Computer kein Problem – jedenfalls solange die Software stimmt. Nürnberg, dessen Anlage aus dem Jahr 1970 stammt, müßte sowieso erneuern, und Erlangen schaut sich – auch wegen der Jahrtausendwende – nach einem neuen Finanzwesen um. Der Euro „läuft quasi mit“.

Suche im Archiv

Aber da wären ja noch der Haushalt, der mittelfristige Investitionsplan, Formulare und, und, und. Bis zum Jahr 2002 müssen diese Werke „zweisprachig“ – in Euro und Mark – ausgefertigt werden. Wie das geht? In Nürnberg tauchte der Kämmerer in den Keller ab – und suchte im Archiv nach dem Haushaltsplan von 1948. Die damalige Währungsreform hat allerdings mit der geplanten Euro-Einführung, bei der alle Werte erhalten bleiben, nichts gemein. Andere behelfen sich mit einem schlichten Rechenprogramm.

Die Umrechnung sei nun wirklich das „geringste Problem“, sagt Zirndorfs Bürgermeister Gert Kohl. Schwieriger sind die Satzungen. Mindestens 25 verschiedene müssen in Schwabach geändert werden. Die Umrechnung von Mark in Euro – derzeitiger Wechselkurs: 1,93 Mark für einen Euro – ergibt krumme Beträge. Die werden mit Strom- und Wasserrechnung abge bucht. Falschparker aber sollten mit einem runden Sümmchen verwarnt werden.

Aufrunden oder abrunden? Viele befürchten, daß dabei der kleine Mann abkassiert wird. Die Gemeinden bestreiten das. In Neumarkt wird angeblich „immer zugunsten des Bürgers“ geglättet, in Nürnberg sollen etwaige Erhöhungen zumindest „transparent“ sein und andernorts wird versprochen, daß die Belastung in der Summe gleichbleibe.

Das mag bei Paß und Zulassung reibungslos funktionieren. Wenn ab 1. Januar 2002 mit dem Euro bar gezahlt werden kann, rechnen die Behörden allerdings mit einem „Big Bang“, dem großen Knall. Für voraussichtlich ein halbes Jahr gelten dann Euro und Mark nebeneinander. Parkuhren, Fahrkartenautomaten und die Bäderkasse lassen sich nur mit einer Währung füttern.

Hilfe vom Chip

Höchstadts Bürgermeister Gerald Brehm setzt darauf, daß die Barumsätze – derzeit maximal zehn Prozent des 70 Millionen-Etats – bis dahin weiter sinken. Etwa durch die Chipkarte. Die Parkuhren bis zum Stichtag (30. 6. 2002) durch Parkscheiben zu ersetzen, überlegen sich allenfalls kleinere Gemeinden. Zirndorf müßte dann allerdings auf rund 60 000 Mark verzichten. In Ansbach wäre es gleich eine Million. „Das können wir uns nicht leisten“, sagt Kämmerer Walter Bamberger. Handbetrieb mit zwei getrennten Kassen gilt als letzte Lösung. Was, wenn Kunden mit D-Mark bezahlen und das Wechselgeld in Euro verlangen?

Die Verkehrsbetriebe sind vorsichtig. Ansbach hat die Beschaffung von Automaten zurückgestellt, bei der Energie- und Wasserversorgung in Nürnberg gibt es zur Zeit noch mehr Fragen als Antworten. Sie sollen im Verbund mit den Stadtwerken Erlangen und Fürth gelöst werden. Der Verkehrsverbund tüftelt an einem übergreifenden Fahrpreiskonzept, bei dem über krumme Preise bisher allerdings nicht gesprochen wurde. Sicher ist: Niemand muß vor der Haltestelle aussteigen, wenn sein Euro abgefahren ist. Auf der Strecke aber bleiben Geld – und viele Arbeitsstunden. Konkrete Zahlen können die Kommunen noch nicht nennen. Die Bayerische Landesbank beziffert die Umstellungskosten im Freistaat auf etwa 80 Millionen Mark.

Ob die Münze freilich rund oder eckig ist, interessiert nur die Automatenindustrie – sie muß knapp 1,6 Millionen Geräte für jeweils 200 bis 500 Mark umrüsten.

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