Wird diese Nachricht nicht richtig dargestellt, klicken Sie hier.

Nürnberg, 26. Oktober 2018

Liebe Leserinnen und Leser,

und schon wieder steht uns ein brisanter Wahlabend bevor: Am Sonntag bestimmen die Hessen ihren neuen Landtag — und entscheiden womöglich auch über das Schicksal von Angela Merkel und der GroKo. Darum geht es in diesem Newsletter. Und um einen spannenden Gast bei unserer Reihe NN-Talk. Zudem bekommen Sie einen Einblick in unsere Planungen für ein Gedenkdatum, das es in sich hat.



 

Die wichtigere Wahl



Zwei, die am Sonntag bangen müssen — Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und CDU-Chefin Angela Merkel bei einem Wahlkampfauftritt. Foto: Boris Roessler/dpa


Gewiss: Für uns in Bayern war die Entscheidung vom 14. Oktober bedeutender. Der Absturz der CSU, das katastrophale Abschneiden der SPD, der schale Triumph der nicht mitregierenden Grünen, die laufende Koalitionsbildung von CSU und Freien Wählern — das berührt uns hautnah, und die Arbeit der künftigen Regierung des Freistaats hat unmittelbare Auswirkungen auf unseren Alltag.

Aber die Landtagswahl Nummer zwei ist für den Bund deutlich gewichtiger. Was die Auswirkungen auf die Große Koalition angeht, so war Bayern nur eine Art Vorspiel. In Hessen könnte es nun ernst werden. Die Umfragen sehen ähnlich dramatisch aus wie in Bayern, wo die Demoskopen ja recht präzise Arbeit geleistet haben. Angekündigt sind der Absturz der CDU und auch der SPD — sowie wieder ein heftiges Plus für die Grünen. Sie könnten, wie auch in Bayern, zweitstärkste Partei werden, womöglich gibt es sogar eine Mehrheit gegen die CDU und ihren Ministerpräsidenten Volker Bouffier, der momentan recht gut und offensichtlich auch gern mit den Grünen koaliert.

Nach der Bayern-Wahl warteten viele noch ab. Aber nach Hessen — da könnte es ernst werden: Können sich Angela Merkel und Andrea Nahles halten, wenn ihre Parteien massiv einbrechen? Was wird dann aus der Großen Koalition? Das Erstaunliche dabei ist: Über personelle Konsequenzen in der CSU spricht inzwischen fast keiner mehr, auch wenn Horst Seehofer nun selbst angedeutet hat, er könne ja womöglich doch zurücktreten... Momentan und erst recht am Sonntag ab 18 Uhr blicken alle erst mal nach Hessen. Und nach Berlin. Aber kaum noch nach München.



NN-Talk mit Harald Welzer



Besuchte vor zwei Jahren unsere Redaktionskonferenz: Harald Welzer (rechts), hier neben meinem Kollegen Michael Husarek. Foto: Patrick Schroll


Er hat kein Smartphone: Handys machen süchtig, lenken von Wichtigerem ab und werden produziert durch Ausbeutung von Rohstoffen und Menschen in ärmeren Ländern — so Harald Welzer. Der renommierte Sozialwissenschaftler und Buchautor ist ein engagierter Kämpfer für die Demokratie. Er veröffentlichte kürzlich eine Streitschrift für „Die offene Gesellschaft und ihre Freunde“. Und er fordert alle Demokraten auf, sich mehr zu Wort zu melden, aktiver einzutreten für Meinungsvielfalt, Toleranz und Liberalität.

„Die Verteidigung der Demokratie — wann wird die Mehrheit laut?“: So heißt daher auch das Thema beim NN-Talk, den ich mit Harald Welzer führe. Am Donnerstag, 8. November, begrüßen wir den Publizisten um 19.30 Uhr (Einlass: 19 Uhr) im Sparkassen-Saal der Technischen Hochschule Nürnberg (Bahnhofstr. 87). Es wird da nicht nur um die Zukunft der Demokratie gehen, sondern auch um die Chancen und Risiken der Digitalisierung: Was machen Smartphones mit Menschen? Wie weit, wie gefährlich oder hoffnungsvoll ist die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI)? Fragen, auf die Welzer anregende, oft provokante Antworten hat. Und er stellt sich natürlich auch Ihren Fragen, wenn Sie an diesem Abend dabei sind — was mich freuen würde! Karten gibt es in den Geschäftsstellen dieser Zeitung (12 Euro bzw. 8 Euro mit ZAC-Rabatt). Und ein Interview mit Harald Welzer können Sie in dieser Samstagsausgabe lesen.


Wie Bayern zum Freistaat wurde



Soldaten sammeln sich während der Novemberrevolution 1918 in München. Am 7./8. November 1918 proklamierte der bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner den republikanischen „Freistaat Bayern“. Archivfoto: dpa


Kämpfen für die Demokratie: Darum ging es auch vor genau 100 Jahren. Es waren dramatische Tage, nicht nur in Deutschland und Bayern. In Kiel begann der Aufstand der Matrosen gegen eine Marine-Leitung, die eine Art Todeskommando plante, obwohl der Erste Weltkrieg für das Kaiserreich ganz offensichtlich verloren war. Aus dieser Revolte wurde eine Revolution, die das ganze Land erfasste — auch Bayern: Am 8. November rief der Sozialist Kurt Eisner den Freistaat Bayern aus — und beendete damit die jahrhundertelange Herrschaft der Wittelsbacher, die aus München geflohen waren.

In aller Kürze zeigt dieses Video, was damals in Bayern geschah. Wir möchten Ihnen diese turbulenten, gewalttätigen, letztlich aber auch befreienden Tage deutlich umfassender erzählen. In einer Serie rund um den dramatischen November 1918: Wie ging der Erste Weltkrieg zu Ende? Wie erlebte die Region Nürnberg die Revolution? Wir starten diesen Rückblick in der Wochenendausgabe am Samstag, 3. November. Spannender Lesestoff mit aktuellen Bezügen — denn auch vor 100 Jahren ging es um den Einsatz für die Demokratie!


Viel Applaus im Finale

Es hat nicht ganz gereicht: Bei der Verleihung des Bayerischen Printpreises 2018 in München haben die Nürnberger Nachrichten es bis ins Finale geschafft, letztlich ging der Preis allerdings an die Kollegen vom Straubinger Tagblatt für ihr Jugendmagazin „Freistunde“. Glückwunsch nach Niederbayern auch von dieser Stelle! Unser Beitrag, die Leseroffensive, die verschiedene lesernahe Aktivitäten unseres Hauses beinhaltet, wie das Wanderreporter-Projekt, die NN-Talks und unser Engagement im Forschungslabor Josephs, erhielt dennoch viel Applaus im ehrwürdigen Schloss Nymphenburg. Für uns ein weiterer Ansporn, dranzubleiben am Thema und natürlich an Ihnen, den Lesern!


Am Ende dieses Newsletters finden Sie ein Porträt meiner Kollegin Kerstin Freiberger aus unserer Wirtschaftsredaktion. Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende!

Ihr Alexander Jungkunz


 

 




Porträt Kerstin Freiberger

 

 



 


Kerstin Freiberger (kfr), Redakteurin im Ressort Wirtschaft

„Du stellst einfach zu viele Fragen“, sagte kürzlich eine Kollegin zu mir. Für mich war das ein Lob, denn neugierig zu sein, das gehört zum Job als Redakteurin dazu. Diese Eigenschaft hatte ich schon als Kind.

Während der Schulzeit habe ich dann meine „Karriere“ bei den Nürnberger Nachrichten gestartet. Als freie Mitarbeiterin für die Nordbayerischen Nachrichten in Pegnitz, eine Lokalausgabe der Nürnberger Nachrichten, war ich an den Wochenenden stundenlang bei Vereinsversammlungen und berichtete über Schützenmeister oder Taubenzüchter. Zudem verdiente ich als Schülerin und später dann auch als Studentin (Betriebswirtschaft) mit Fotos von Hochzeiten oder Geburtstagen nebenbei Geld.

2008 begann ich meine Ausbildung bei den Nürnberger Nachrichten, war anschließend in verschiedenen Außenredaktionen tätig, seit vier Jahren bin ich als Redakteurin im Ressort Wirtschaft für Verbraucher- sowie für Landwirtschaftsthemen verantwortlich. Statt über Kleintierzüchter oder über Sportvereine schreibe ich nun über Milchpreise, Agrarreform, Tierschutz und Düngemittelverordnung oder über eine betrügerische Rohrreinigungsfirma und Ärger mit der Telekom.

Und nicht immer machte und mache ich mich mit meinen Berichten bei allen Lesern beliebt: So hätten mich — vor einigen Jahren, als ich noch in der Lokalredaktion in Pegnitz tätig war — viele Jäger wohl am liebsten fast erschossen, als ich es wagte, darüber zu schreiben, wie sie bei ihren Treibjagden im Veldensteiner Forst die Tiere quälten. Und auch im Rahmen meiner Berichterstattung im Bereich Landwirtschaft sind die Vertreter des mittelfränkischen Bauernverbandes nicht immer glücklich über meine Rechercheergebnisse. Doch auch und vor allem deswegen bin ich Journalistin geworden: Um Missstände aufzudecken und Themen kritisch zu betrachten.

Trotzdem freue ich mich auch über positive Reaktionen: Vor allem im Bereich Verbraucherjournalismus hat man die Möglichkeit, Menschen zu helfen. Und wenn ein Leser sich bedankt, weil sich ein teilweise jahrelanger Streit mit Firmen wie der Post oder der Telekom nach unserer Recherche plötzlich löst, dann ist der Ärger mit Jägern, mit Landwirten oder mit dem Bauernverband schnell wieder vergessen.



 

 


szmtag [trackimage]