Karlheinz
Lüdeking ist neuer Kunstgeschichte-Professor der
Akademie
Ein James Bond der
Kunstgeschichte
Er stellt philosphische
Fragen und betreibt Grundlagenforschung Eine kleine Geschichte der
Verklärung hat Karlheinz Lüdeking seine
Antrittsvorlesung an der Akademie der Bildenden Künste
genannt. Die Einladungskarte gestaltete er wie ein James
Bond-Filmplakat: der James Bond mit Mikrophon in der Hand
ist der Kunstgeschichte-Professor höchstselbst. Bevor
Lüdeking, der 1950 in Lemgo geboren wurde, sich der
Theorie zuwandte, studierte er Malerei in Berlin. Danach
schrieb er eine Dissertation über Analytische
Philisophie in Amerika, seine Habilitationsschrift
befaßte sich mit der Frage, welche Perspektive
gegenüber der Kunst man nach Foucaults Die Ordnung
der Dinge einnehmen könne.
In seinem neuen Büro an der
Bingstraße liegen neben Renaissance-Bildbändern Bücher
von Jacques Lacan, von amerikanischen Wissenschaftlern
wie Michael Free, Norman Bryson oder Rosalind Krauss, die
kritische Kunstgeschichte betreiben und in ihren
Schriften fragen, welche Kunst Qualität hat, welche
Kunst einen weiterbringt: Ganz im Gegensatz zur
Kunstgeschichte hierzulande, die sich damit begenügt,
Fakten zu liefern.
Lüdeking interessieren philosophische
Fragen, wie: Was ist ein Bild? Was ist eine
Bildstrategie? Er betreibt sozu sagen Grundlagenforschung
im Bereich der Kunst. Außderdem möchte er bewußt
machen, welche Traditionen in der modernen Kunst
unterschwellig fortleben. Man muß aus der
Geschichte lernen, sonst ist man gezwungen, sie zu
wiederholen, sagt Lüdeking.
Heute ist es für Künstler wichtiger
denn je, sich mit philosophischen Fragen zu
beschäftigen. Der Künstler ist ja heutzutage kein
Handwerker mehr, so Lüdeking. Er muß sich
die Ziele seiner Arbeit selber setzen. Sich also immer
die Frage stellen, was er macht. Sogar ein so
unitellektueller Maler wie Jackson Pollock stellte ja
angesichts seiner Drip-Paintings immer die Frage, ist das
noch ein Bild was ich da mache?
Der philosophisch-psychoanalytischer
Ansatz Lüdekings kommt sogar den Studenten zugute, die
bei ihm nur die Basislehre in Kunstgeschichte
absolvieren. Denn auch wenn Lüdeking Gombrichs
Standardwerk Die Geschichte der Kunst
durcharbeitet, und kapitelweise die Epochen bespricht,
fügt er aktuelle Ergebnisse der Wahrnehmungsforschung
an, zitiert moderne Kunstwissenschaftler, reicht
sozusagen neue Fußnoten nach.
Sein Programm ist, verglichen mit dem
Angebot anderer deutscher Kunstwissenschaftler, exotisch:
Während des vergangenen Sommersemesters, seinem ersten
hier in Nürnberg, hielt Lüdeking eine Vorlesung mit dem
Titel: Wie reagiert die Kunst auf ihre
Präsentationsbedingungen? In diesem Zusammenhang
wurde beispielsweise die Bedeutung der weißen
Galeriewände diskutiert.
Jetzt, im laufenden Wintersemester,
stehen Künstler-Signaturen auf dem Programm.
Wann signiert eine Künstler sein Werk, wann nicht?
Welches Verhältnis des Künstlers zum Werk läßt sich
daraus ablesen? Während die traditionelle
Kunstgeschichte immer noch Schwierigkeiten hat, die
Fotografie als Kunst einzustufen, analysiert der
Professor bereits mit Studenten Fotografien, von den
Anfängen bis heute.
Lüdeking wünscht sich, daß die
Akademie sich mehr nach außen hin öffnet und besser in
Kontakt und Austausch mit der Stadt kommt. Er betont,
daß seine Vorlesungen allen offenstehen und wünscht
sich, daß viele Interessierte aus Nürnberg den Weg
hinaus zur Bingstraße finden.
Maria Inoue-Krätzler
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