copyright Nürnberger Zeitung 1997 Fitneß-Trend Pump:
Die Stunde fängt damit an, daß jeder sich seine Stange und die Gewichte holt. Männer beginnen mit je fünf Kilogramm links und rechts, Frauen werden je 3,5 Kilo empfohlen. Die Cracks legen sich 15 Kilo auf jede Seite. Der Hamburger Trainer Jan Biedler sagt: Es kommt nicht darauf an, daß viel Gewicht aufgeladen wird, sondern auf viel Wiederholung. Das bringt's. Die Gewichte sind nicht aus Eisen wie bei den Gewichthebern, sondern aus Plastik, mit Sand gefüllt. Sonst würden die schönen Holzböden in den Gymnastikräumen zu viele Dellen und Kratzer kriegen, erläutert der Trainer. Das Trainig selbst folgt einer festen Choreographie. Der Reihe nach werden alle Muskelgruppen rangenommen: Für die Schultern und Oberarme muß das Gewicht zum krachenden Beat aus den Lautsprechern hochgestemmt werden. Für den Bizeps müssen die Sportler die Kilos vor die Brust heben. Um Po und Oberschenkel zu stärken, kommt die Hantel auf die Schultern. Dann geht es einen weiten Schritt nach vorne und so in die Knie und wieder hoch. Für den Bauch wird das Gewicht im Liegen hinter den Kopf genommen und der Oberkörper hochgestemmt. Das alles läuft zu den ständigen Anfeuerungen des Trainers, der vor der Gruppe alle Übungen vorturnt. Seit ihr noch bei mir? brüllt er in den Saal der mittlerweile schweißnassen Körper. Jeder bekommt immer wieder einen ermunternden Blick oder eine kleine Geste und schon geht das Gewicht noch einmal hoch, obwohl die Arme längst wie Feuer brennen. Wenn man am Kraftgerät alleine längst aufgeben würde, schafft man in der Gruppe immer noch ein oder zwei Übungen, erläutert Biedler. Und wenn die Gruppe sich mal besonders in die Hanteln gestemmt hat, gibt es das höchste Lob: Ihr seid Tiere! Pump kommt aus Neuseeland, wo in Riesenhallen Hunderte mittrainieren. Der Neuseeländer Les Mills steuert über seine Firma auch heute noch die Ausbreitung der Sportart weltweit, denn für Pump müssen die Studios eine Lizenz kaufen, um es anbieten zu dürfen. Die Übungsstunden werden zentral in Neuseeland erarbeitet und mit Musik zusammengestellt. Jedes Vierteljahr kommt ein neues Programm, zur Zeit läuft Nummer 20. Für uns Trainer ist diese Choreographie das, was für Schauspieler das Drehbuch ist, sagte Biedler, da steht alles genau drin. Bevor eine neue Choreographie auf die Menschen losgelassen wird, testen Ärzte und Sportwissenschaftler die Übungen. Eine Gefahr: Drehbewegungen mit Gewicht sind hochgefährlich für die Wirbelsäule. Im Turnprogramm kommen sie deshalb nicht vor. Auch die Trainer müssen eine besondere Ausbildung mitmachen, nicht jeder Aerobic-Vorturner darf Pump-Stunden geben. Die Sportwissenschaftler der Universität Hamburg beobachten die Pump-Welle etwas mitleidig. Wenn das jemand macht, um sein Körperfett zu verlieren, kann er das vergessen, meint Matthias Heinolt von der Sportfakultät. Ohne eine Ernährungsänderung ist da nichts zu machen. Andererseits würden sich die meisten Leute ohnehin zu wenig bewegen, und deshalb sei nichts dagegen einzuwenden, wenn die Leute denn Spaß daran haben. Und das scheint so zu sein: Bei der Pump-Vertriebsfirma Bon Sport in Bonn gehen jeden Tag neue Anmeldungen von Fitneßcentern ein, die mitmachen wollen. Zurück zum Inhalt NZe-mail an die Redaktioncopyright Nürnberger Zeitung 1996 |