"Amerika" - das neue BAP-AlbumKnackig, krachig - ehrlich wie das Leben
Das Album versucht eine Zeitreise in die deutsch-amerikanische Nachkriegsgeschichte, zu der zerbombte Stadtviertel und Lucky-Strike rauchende Besatzungssoldaten genauso gehören, wie die blassen Wirtschaftswunderträume der kleinen Leute und ihre großen Enttäuschungen. Heinrich Böll, der mit einem Essay über das Kölner Leben im Jahre Null ("Straßen wie diese") im CD-Booklet abgedruckt ist, hätte an der Trümmerfrauenkulisse sicher seine Freude gehabt, selbst wenn Niedeckens gedankliche Besinnung auf die frühe Adenauer-Ära nicht durchgehend literarische Qualitäten hat. Dennoch gibt es auf "Amerika"-Songs, so knackig und so ehrlich wie das richtige Leben sind ("Silver un Jold"), ("Saach, wat ess bloss passiert"), und das ist schon mehr, als so mancher Deutsch-Rocker zuwegebringt. Elegisch fast wirken die zentralen Songs mit ihren Momentaufnahmen rund um das Kölner Severinsviertel, in dem Niedecken aufwuchs irgendwo zwischen "en Bäckerei un en Weetschaaff" ("Nix wie bessher"). Amerika galt Ende der Vierziger als "e Paradies vun 'nem Land" ("Amerika"). Von dort kamen nicht nur Panzer und Soldaten, sondern auch Nylonstrümpfe und Jazzmusik. Natürlich schwingt in solchen Geschichten immer ein klein wenig Klischee und Verklärung mit. Das muß man einräumen. Ohne Zweifel sind BAP aber trotz des Vorwurfs der künstlerischen Selbstzitation mit ihren stimmungsvollen Songs immer noch ausgesprochen hörenswert, paßt die Mischung aus Mainstream-Pop, balladeskem Softrock und Gospelelementen. Zudem ist die Band auch immer wieder für klanglich-rhythmische Finessen gut, doch die nimmt man erst beim zweiten Hinhören wahr. Eher in die Abteilung "BAP-Nasen" gehört der Auftritt von Nina Hagen, die mit Wolfgang Niedecken im Duell das Poques-Cover "Weihnachtsnaach" herunterschunkelt. BAP wie es klingt und kracht. Aktuelle CD: BAP, "Amerika", Emi Electrola. Zurück zur Titelseite NZe-mail an die Redaktion© Nürnberger Zeitung 1996 |